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Reise zum Tinnitus


In meinem rechten Ohr rauscht es seit einigen Jahren, je nach Stresslevel mal mehr mal weniger laut. Es ist nicht belastend, doch zuweilen störend und ich wollte gerne wissen, ob etwas darunter liegt und was mir das Symptom mitteilen will. Also habe ich in einer Imaginationsreise einen inneren Begleiter gerufen, der mir etwas zu diesem Thema zeigen oder sagen kann.






Es kam ein kleiner Maulwurf. Der war blau und silbrig und sehr freundlich. Er begann, hinter meinem rechten Ohr einen Gang zu graben und forderte mich auf, mitzukommen.

Ich wollte nicht. Der Gang kam mir eng vor und ich spürte einen deutlichen Widerstand, mich dort und in dieses Thema hineinzubegeben. Der Maulwurf sagte sehr freundlich und vergnügt, ich soll einfach mitkommen und so warf ich die Bedenken über Bord und ging mit.

Sobald ich den Tunnel betrat, wurde dieser ganz weit und ich konnte gemütlich darin spazieren. Ich war jetzt so klein wie der Maulwurf und der Gang war hoch und weit. Er fühlte sich hell und warm an und ich ließ mich von der vergnügten Zuversicht des Maulwurfs anstecken.


Schließlich mündete der Gang in eine riesige Höhle. Die ganze Höhle war erfüllt von dem Rauschen, das ich in meinem Ohr wahrnehme. Die Höhe war sehr groß und es war sogar ein tiefer See mit klarem, blauen Wasser darin.

Am Ufer brannte ein Feuer. Darum stand ein Kreis von Bänken. Auf einer dieser Bänke saß eine Gestalt. Es war mein Vater. Er saß da, schwieg, schaute in die Flammen und lauschte dem Rauschen.


Ich ging hin und setzte mich auf eine Bank ihm gegenüber. Ich schwieg ebenfalls, schaute ins Feuer und lauschte gemeinsam mit ihm dem Rauschen, das die Höhle erfüllte.

Dann fragte ich den Maulwurf, was hier geschehen sollte.


Der Maulwurf sagte: „Das Rauschen, das sind die unausgesprochenen Worte, zwischen Euch. Es gibt so vieles, im Schweren, wie im Guten, das zwischen Euch nie ausgesprochen werden konnte. Es geht hier darum, das anzuerkennen und die Stille und Eure Verbindung hinter den nicht gesagten Worten zu spüren.“

Und dann lenkte ich meine Aufmerksamkeit weg vom Rauschen und spürte die Stille hinter den Worten. Ich sah meinen Vater, wie er dasaß, sah in ihm nicht den alten Mann, der er heute ist, sondern einen jüngeren, in meinem Alter, dann den kleinen Jungen, der er einmal war, den Säugling, den Mann Mitte 50 und so weiter. Er wandelte fließend seine Gestalt durch alle Lebenszeitalter.


Ich sah an mir herunter und nahm wahr, dass es bei mir genauso war: ich saß dort im fließenden Wandel als Erwachsene, als Kleinkind, als junge Frau, als Jugendliche, als die Greisin, die ich einmal sein würde.


So saßen wir da und spürten uns, zwei Seelen jenseits der Zeit, in stiller Eintracht und Verbundenheit.


Das Rauschen in der Höhle hatte sich inzwischen zu einem Schwarm Fledermäuse gewandelt, der sanft hin- und herflog.


Mein Vater und ich saßen gemeinsam am Feuer in der Höhle und schauten in die Flammen. Wir sprachen kein Wort. Wir sahen uns nicht an, doch die Stimmung war friedlich und freundlich und das Feuer wärmte uns.


Schließlich nahm mein Vater eine Pfeife zur Hand, steckte sie an und reichte sie mir. Wir saßen schweigend am Feuer und rauchten gemeinsam die Pfeife.


Schließlich spürte ich, dass es für mich Zeit war zu gehen und so stand diejenige, die ich heute bin, auf und ging.


Und gleichzeitig blieb ich sitzen: alle anderen Erscheinungen meiner Selbst in den unterschiedlichen Lebensaltern blieben dort am Feuer, an dem See, in der Höhle.

Zusammen mit dem Maulwurf wandere ich zurück durch den Gang, in dem Bewusstsein, dass mein Vater und ich in aller Ewigkeit in dieser Höhle an dem Feuer sitzen und wir gemeinsam der Stille hinter den unausgesprochenen Worten lauschen.


Ich nehme aus dieser Reise ein Gefühl von tiefem Frieden und Verbundenheit mit. Der Maulwurf sagt, dass ich die Höhle jeder Zeit besuchen kann, wenn ich die Verbindung zu meinem Vater suche und dort immer seinen Rat finden werde, wenn wir gemeinsam der Stille lauschen.

 

Wenn Dich das inspiriert und Du selbst einmal auf Reisen gehen möchtest, nimm gerne Kontakt zu mir auf.

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